Meinungsforscher diskutieren über Kanzlerkandidatur: Zukunft der SPD
Die Debatte innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) ist in vollem Gang. Führende Politiker der Partei fordern offen eine Veränderung an der Spitze, indem sie Boris Pistorius als Spitzenkandidaten ins Rennen schicken wollen, statt auf den amtierenden Kanzler Olaf Scholz zu setzen.
SPD am Scheideweg
Mit der Forderung nach einem Wechsel an der Parteispitze ergeben sich entscheidende Fragen zur Wahlchance der SPD bei einer Neuwahl. BILD hat führende Meinungsforscher nach ihrer Einschätzung zur Situation befragt. Laut Hermann Binkert vom Institut INSA hat Pistorius in den Umfragen die Nase vorn und steht an der Spitze des Politikerrankings, während Scholz auf Platz 19 zurückfällt.
Hoffnungsträger Pistorius
Der Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner von Mentefactum sieht in der möglichen Kandidatur von Pistorius einen Hoffnungsschimmer in einem ansonsten schwierigen Rennen für die SPD. Seine Beliebtheit erstreckt sich nicht nur auf SPD-Anhänger, sondern er genießt auch Auftrieb unter Wählern der Grünen, FDP und Union. Janina Mütze, Mitgründerin von Civey, betont, dass Pistorius parteiübergreifend als Problemlöser wahrgenommen werde.
Kritik an Olaf Scholz
- Schöppner erklärt, dass Scholz sowohl national als auch international ein angekratztes Image hat. Sein Einfluss auf Wechselwähler sei gering, und er könne sie kaum motivieren. “Mit ihm ist die SPD chancenlos”, so Schöppner.
- Mütze fügt hinzu, dass Scholz in den Augen der Bürger ein wesentliches Kanzlerversprechen nicht erfüllt hat: die Führung. Momentan gibt es nur wenige, die sich eine zweite Amtsperiode von Scholz wünschen.
- Hermann Binkert hebt hervor, dass 56 Prozent der Deutschen eine negative Haltung gegenüber Scholz haben. Diese ablehnende Stimmung könne er kaum ändern.
Rolle von Pistorius in der Öffentlichkeit
Die Experten warnen jedoch davor, dass auch eine Kandidatur von Pistorius nicht ohne Risiken für die SPD wäre. Janina Mütze bemerkt, dass Pistorius im Gegensatz zu Scholz als Politiker noch weniger bekannt sei und seine Politik zu Ukraine- und Verteidigungsfragen besonders im Osten des Landes polarisiere.
Innerparteiliche Konflikte
Schöppner weist auf die Gefahr hin, dass Pistorius’ konservativeres Profil zu internen Konflikten innerhalb der Partei führen könnte, da er dem rechten Parteiflügel angehört. Dies könnte stärkere Flügelkämpfe innerhalb der SPD entfachen.
Soziale Themen im Fokus
Laut Hermann Binkert steht die SPD traditionell für soziale Gerechtigkeit und ein Kanzlerkandidat müsse dies glaubwürdig vertreten können. Ob Pistorius dieser Anforderung gerecht werden könne, bleibt fraglich. Schöppner zweifelt an Pistorius’ sozialpolitischer Kompetenz.
Unbeeindruckte Haltung der Kandidaten
Trotz der Debatte um die Kanzlerkandidatur bleiben sowohl Scholz als auch Pistorius selbstbewusst. Scholz hat keinen Zweifel daran gelassen, erneut Kanzler werden zu wollen, während Pistorius wiederholt betont, dass er keinesfalls antreten werde.