Verhandlungen in der Industrie: IG Metall und Arbeitgeber streben Übereinkunft an
IG Metall hat für fast vier Millionen Industrieangestellte eine Erhöhung des Gehalts um sieben Prozent gefordert. Angesichts der aktuellen Krise scheint dies nicht realisierbar, doch eine Einigung ist dennoch absehbar. Am heutigen Tag um 15:01 Uhr ist Hamburg in Bewegung. Zwar haben die Hanseaten mit Karneval oder Fasching wenig am Hut, und tarifpolitische Grundlagen werden in der Regel auch nicht im Norden, sondern im Süden oder Westen festgelegt. Doch dieses Mal ist es anders.
In Hamburg organisiert die IG Metall drei Protestmärsche, die ihre Mitglieder zum Fischmarkt führen. Dort wird bei einer Kundgebung für Gehaltserhöhungen geworben. Dies ist die letzte Aktion in der diesjährigen Kampagne auf der Straße sowie im Warnstreikherbst. In der Nacht zum Dienstag möchten sich die Arbeitgeber und IG Metall auf einen neuen Tarifvertrag verständigen.
Motivation für eine rasche Lösung
Die Motivation für eine zügige und friedliche Einigung hat in der vergangenen Woche nochmals zugenommen. Zumindest in tarifpolitischen Belangen soll Klarheit herrschen, insbesondere für die exportabhängige Autoindustrie und den Maschinenbau, die von den politischen Entwicklungen in den USA wenig Gutes erwarten. In Anbetracht der unsicheren innenpolitischen Lage, zum Beispiel hinsichtlich einer möglichen Strompreisentlastung, ist nicht absehbar, wie es weitergeht.
Um in diesen wirtschaftlich belastenden Zeiten die Tarifpartnerschaft aufrechtzuerhalten und den Unternehmen Planungssicherheit hinsichtlich der Arbeitskosten zu bieten, macht die IG Metall Zugeständnisse. Die Gewerkschaft hatte im Frühsommer bereits sieben Prozent für die rund vier Millionen Industriearbeiter gefordert. Damals glaubten viele an eine konjunkturelle Wende, die jedoch nicht eintrat und ebenso wenig in Sicht ist, wie die erhofften sieben Prozent.
Verhandlungsforderungen und Zugeständnisse
Neben finanziellen Aspekten stellte die Gewerkschaft einige Nebenforderungen, die in einer Umfrage von den Beschäftigten häufig genannt wurden. Die Möglichkeit, Geld in Freizeit umzuwandeln, die seit einigen Jahren für Schichtarbeiter und pflegende Angehörige besteht, sollte auch auf andere Arbeitnehmergruppen erweitert werden. Dies wird jedoch voraussichtlich nicht umgesetzt. Bei der Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 170 Euro pro Monat zeigen sich die Arbeitgeber weitgehend kooperativ, anders hingegen bei der Forderung nach einer „sozialen Komponente“.
Dies bezieht sich auf eine überdurchschnittliche Gehaltserhöhung für untere Einkommensgruppen, die besonders unter der Inflation der letzten Jahre gelitten haben. Unternehmen in Schwierigkeiten fordern die Möglichkeit, von bestimmten Tarifbestandteilen abzuweichen. Diese Option kann die IG Metall in der aktuellen Rezession nicht ablehnen. Bisher gab es die Möglichkeit, bei einer Umsatzrendite von weniger als 2,3 Prozent, die Auszahlung von 630 Euro zu verzögern oder gar einzustellen.
Streitpunkt und Lösungsansätze
Diese Regelung wollen die Arbeitgeber dauerhaft verankert sehen, was jedoch auf erheblichen Widerstand bei der IG Metall stößt. Voraussichtlich einigt man sich in Hamburg auf eine begrenzte Fortsetzung. Wie bei den meisten Tarifverhandlungen dreht sich alles dennoch um das Geld. Das vergangene Wochenende nutzten die Chefverhandler beider Seiten, um Lösungswege auszuloten, die den weit auseinanderliegenden Vorstellungen Rechnung tragen.
Die IG Metall fordert sieben Prozent rückwirkend ab Oktober sowie eine Vertragslaufzeit von zwölf Monaten; die Arbeitgeber bieten dagegen 1,7 Prozent ab Juli 2025 und zusätzlich 1,9 Prozent ein Jahr später für eine Vertragslaufzeit von 27 Monaten an. Typischerweise schließt die IG Metall bei einer Forderung von sieben Prozent mit einem Abschluss, der eine Zahl mit der Vier an erster Stelle hat. Auch dieses Mal ist keine Ausnahme, es bleibt jedoch die Frage, ab wann die vier Prozent greifen sollen.
Die Arbeitgeber hingegen möchten das Krisenjahr 2024 nicht zusätzlich mit Lohnerhöhungen belasten. Deshalb gibt es für die Monate von Oktober bis Dezember entweder keine Steigerung oder lediglich eine bescheidene Einmalzahlung. Eine mögliche Option ist auch eine höhere Einmalzahlung für mehr als sechs Monate, gefolgt von Lohnprozentsätzen mit einer Drei an erster Stelle im Frühsommer 2025. Die Vertragslaufzeit könnte dann 18 oder 19 Monate betragen und bis März/April 2026 reichen.
Langfristige Planung und Stabilität
Sollten die Arbeitgeber auf einer langen Vertragslaufzeit von über zwei Jahren oder mehr bis in den Herbst 2026 bestehen, müssen sie dafür entsprechend zahlen. In diesem Fall würde es 2025 und 2026 jeweils prozentuale Gehaltserhöhungen für die nahezu vier Millionen Mitglieder der IG Metall geben. Dieses Szenario erscheint wahrscheinlicher, da es allen Beteiligten für einen langen Zeitraum Planungssicherheit bietet. In den aktuellen Zeiten ist dies ein wertvolles Gut.
Die Entwicklungen in der Autoindustrie und der Gewerkschaftspolitik sind von großer Bedeutung für die zukünftige wirtschaftliche Stabilität und das Wohlergehen der Beschäftigten in der Industrie. Es bleibt zu hoffen, dass die laufenden Verhandlungen zu einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis führen und die Interessen der Beschäftigten ebenso gewahrt bleiben wie die der Arbeitgeber.